Nach dem Ende der FPÖ-Regierungsbeteiligung und der Abwahl der ÖVP-geführten Bundesregierung am Montag haben die NEOS und die Liste JETZT neue Initiativen gesetzt, um dem ausgehebelten Rauchverbot in der Gastronomie doch noch zur Geltung zu verhelfen. Beide Fraktionen brachten im Nationalrat entsprechende Anträge ein. Von der ÖVP kam allerdings umgehend Ablehnung.

Die Anträge der beiden Fraktionen, die dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wurden, sehen jeweils die Streichung jener Passagen im Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz vor, mit denen das Rauchen in bestimmten Bereichen wieder erlaubt worden war. Argumentiert wird mit dem „gesundheitspolitischen Rückschritt“ der Raucherlaubnis und dem Erfolg des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried signalisierte im ORF-Radio Unterstützung.

Ausreichen wird das allerdings wohl nicht, denn die Raucherlaubnis war ein Kernanliegen der FPÖ, und die ÖVP macht trotz des Endes der Koalition keine Anstalten, die Aufhebung des Verbots wieder zu kippen. „Regierungsbeschlüsse, die in aufrechter Koalition getätigt worden sind, diese Beschlüsse werden wir mit Sicherheit nicht zurücknehmen“, betonte (der am Dienstag vorläufig wiedereingesetzte) Kanzleramtsminister Gernot Blümel am Montag im „Ö1-Morgenjournal“ zu dieser Frage.

Die Lungenfachärzte hoffen unterdessen nach dem Platzen der Regierung auf die rasche Umsetzung eines Rauchverbots in der Gastronomie. Während die Raucherquoten innerhalb der EU zwischen 2000 und 2015 im Durchschnitt um 16 Prozent zurückgegangen sind, hat sich in Österreich der Anteil der Raucher seit über 40 Jahren nicht verändert. Nach wie vor greift hierzulande im Schnitt jeder Vierte täglich zur Zigarette.

Auch die Initiatoren des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens sehen nach den jüngsten politischen Entwicklungen „eine neue Chance für den Nichtraucherschutz in Österreich“, wie sie am Dienstag betonten. „Jeder Tag ohne Nichtraucherschutzgesetz ist eine Gefährdung der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher“, hielten Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres und Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda fest. Sie appellierten an sämtliche im Parlament vertretenen Parteien, das Thema Nichtraucherschutz noch vor der Neuwahl auf die Tagesordnung des Nationalrates zu setzen.

881.692 Personen hatten im Vorjahr im Rahmen des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens für ein totales Rauchverbot in der Gastronomie votiert. Nach der Behandlung im Nationalrat wurde das Anliegen von der nunmehr ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung schubladisiert.

Dabei wird innerhalb der EU nur mehr in Ungarn (25,8 Prozent der Bevölkerung) und in Griechenland (27,3 Prozent) mehr geraucht als in Österreich. Während in vielen europäischen Ländern der Anteil der rauchenden Bevölkerung mittels gezielter Maßnahmen signifikant reduziert werden konnte, hinkt Österreich vor allem in puncto Prävention hinterher.

Im europaweiten Vergleich liege man unter 35 Ländern „auf dem unrühmlichen letzten Platz“, teilten heimische Lungenfachärzte mit. Anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai forderten sie die politischen Verantwortlichen auf, das Anliegen des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens ernst zu nehmen und den bisherigen politischen Kurs zu korrigieren.

„Die Entwicklungen in vielen europäischen Ländern zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, auf das Rauchverhalten der Bevölkerung und damit auf die Erhaltung von Gesundheit Einfluss zu nehmen. Wir fordern daher von der Politik die ehestmögliche Umsetzung eines generellen Rauchverbotes in der Gastronomie“, bekräftigte der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), Bernd Lamprecht. Darüber hinaus verlangte ÖGP-Präsident Peter Schenk entschiedenere Maßnahmen zur Reduzierung des Tabakkonsums in Form von Sensibilisierungskampagnen, Vorschriften und Steuern. Eine Erhöhung der Tabaksteuer, ausnahmslos rauchfreie Schulen, Arbeitsplätze, Geschäfte, Spitäler und Gesundheitseinrichtungen sowie ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen und das Verbot von Zigarettenautomaten und jeder Außenwerbung für Tabakprodukte und verwandte Erzeugnisse wären ein Gebot der Stunde, sagte Schenk.

Ursprünglich hätte das absolute Rauchverbot in Österreichs Gastronomie ab Mai 2018 gelten sollen. Mit dem Eintritt der Freiheitlichen in die Regierung war es damit aber vorbei, die türkis-blaue Koalition hob die unter der Vorgängerregierung beschlossene Regelung wieder auf.