Prävention hat volkswirtschaftlichen Nutzen und hohe Einsparungspotentiale
 
Vernetzte und gemeinsame Anstrengungen im Bereich der
Gesundheitsförderung und Prävention seien auch deshalb wichtig, weil
die Prävention nicht nur einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen
(Krankheitsvermeidung) habe, sondern auch hohe Einsparungspotentiale
biete, indem sie gesundheitliche Folgekosten reduziert – so der Tenor
der Experten von Versicherungsanstalten und Sozialpartnern am
12.4.2007 bei der Enquete „Lang leben bei guter Gesundheit –
Prävention nicht dem Zufall überlassen“. SPÖ-Gesundheitssprecherin
Sabine Oberhauser, die die Podiumsdiskussion leitete, unterstrich,
dass die im Regierungsprogramm vorgesehen „90 Millionen aus der
Tabaksteuer eine Anstoßfinanzierung für die Prävention sein sollen“,
während die heutige hochkarätig besetzte Enquete durchaus als
„Anstoßveranstaltung“ zu sehen sei, die den Stellenwert der
Prävention deutlich mache.
   Konsens herrschte bei den Teilnehmern der Podiumsdiskussion auch
darüber, dass das im Regierungsprogramm vorgesehene Präventions- und
Gesundheitsförderungsgesetz dringend umgesetzt werden muss. Franz
Bittner (WGKK) dazu: „Ich erwarte mir, dass dieses Gesetz mit Leben
erfüllt wird“. Bittner kritisierte, dass nach wie vor ein Großteil
der Mittel in die kurative Medizin gehe und zu wenig Geld in die
Prävention fließe. Er begrüße es, dass Prävention im
Regierungsprogramm nicht mehr eine Sollbestimmung ist, sondern
„gemacht werden muss“, so Bittner. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer
unterstrich in der Diskussion, dass es zu einer langfristigen
Sicherung der Gesundheitsversorgung nötig sei,
„wertschöpfungsbezogene Elemente einzubeziehen“. Er appelliere
angesichts der guten Konjunktur an die Wirtschaft, dafür zu sorgen,
dass die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben können – und das bei
guter Gesundheit, so Hundstorfer, der klarmachte, dass der höhere
Druck am Arbeitsmarkt eine starke Belastung für die Arbeitnehmer
darstelle – was wiederum zu einem Ansteigen von Arbeitsunfällen
führt. Auch hier müsse Prävention wirksam entgegenwirken, ergänzte
Hundstorfer.
 
Beate Wimmer-Puchinger (Wiener Frauengesundheitsbeauftragte)
betonte in ihrem Statement, dass bei der Gesundheitsförderung und
Prävention die „zielgruppen- und geschlechtsspezifische Dimension“
zentral sei. So habe die Stadt Wien mit
Gesundheitsvorsorge-Untersuchungen für Migrantinnen ein
zielgruppenspezifisches und sozial orientiertes Erfolgsmodell
umgesetzt, das dank niederschwelliger Ausrichtung auch bei den
Menschen ankomme. Seitens der Pensionsversicherungsanstalt verwies
Karl Haas darauf, dass die PVA auch dank ihrer Kooperationen mit
„Akutspitälern, AMS und Sozialämtern“ den „größten Beitrag bei der
medizinischen Rehabilitation leistet“. Peter Vavken (AUVA) warnte
davor, dass Einsparungen im Bereich der Prävention ein „strategisch
falscher Schritt“ seien – schließlich mache sich jeder in die
Prävention investierte Euro später gleich mehrfach bezahlt.
 
Josef Probst (Hauptverband) unterstrich, dass es von zentraler
Bedeutung sei, „eine gesunde Lebenswelt für die Menschen zu
schaffen“. Dazu müsse es zu Verbesserungen der Krankenbehandlung und
zu stärkeren Investitionen in die Prävention kommen. Verstärkte
Anstrengungen bräuchte es zudem in der Formulierung gemeinsamer
Gesundheitsziele und bei der Koordination und Kooperation, ergänzte
Probst. Eva-Elisabeth Szymanski betonte, dass es gelingen müsse, die
Zahl der Arbeitsunfälle deutlich zu senken – hierfür brauche es eine
„nationale Strategie zum Arbeitsschutz“ sowie flankierende
„Bewusstseinsbildungs-Maßnahmen und Kampagnen“. Auch für ihn sei
klar, dass das gegenwärtige Gesundheitssystem zu stark auf die
Wiederherstellung konzentriert sei – und dass daher die „Prävention
zu kurz kommt“, so Martin Gleitsmann (WKÖ). Innerhalb des Bereichs
Prävention sei „systematisch anzusetzen“, weiters seien „klare
Zuständigkeiten zu schaffen und die Finanzierung zu sichern“.
 
Grundzüge eines österreichischen Präventionsmodells
 
In ihrem Ko-Referat zu den „Grundzügen eines österreichischen
Präventions- und Gesundheitsförderungsmodells“ zeigten sich Renate
Czeskleba (Referatsleiterin HTU des ÖGB) und Christoph Lechner
(Präventionsexperte) darüber erfreut, dass es gelungen sei, die Zahl
der Arbeitsunfälle in acht Jahren um 32 Prozent zu senken. Durch
Prävention und Gesundheitsförderung sei es möglich, 25 bis 30 Prozent
der gesamten Gesundheitsausgaben einzusparen, hielten Czeskleba und
Lechner zur Bedeutung der Prävention fest.  Ingesamt sei die Prävention als vierte Säule neben
Heilbehandlung, Pflege und Rehabilitation zu etablieren – dafür
brauche es auch verbindliche Gesundheitsziele und bürgernahe
Kompetenzzentren, wie dies auch im Regierungsprogramm vorgesehen sei.
Zur Finanzierung der Prävention verwiesen Czeskleba und Lechner auf
„Einsparungen durch Synergien und Einsparungen in den Lebenswelten“.
Klar sei aber auch, dass „institutionelle Nutznießer wie etwa private
Versicherer anteilig mitzahlen sollen“, betonte Lechner.
 
Entwurf deutsches Präventionsgesetz – Deutsche Experten
hoffen, von österreichischen Erfahrungen lernen zu können
 
Das deutsche Präventionsgesetz in der Fassung von 2004 sei „Gott
sei Dank gescheitert“ – schließlich sei es ein „bürokratisches
Monster“ gewesen“, so Alfons Schröer (Leiter der Abteilung Gesundheit
des Bundesverbandes der deutschen Betriebskrankenkassen). Angesichts
des Umstands, dass es in Österreich sehr ambitionierte Ziele und
Modelle zur Prävention und Gesundheitsförderung gebe, hoffe er
darauf, dass „Deutschland hier von Österreich lernen kann“. Bei der
betrieblichen Gesundheitsförderung müsse prioritär vor allem im
Bereich der „arbeitsbedingten körperlichen Belastungen“ angesetzt
werden. Innerhalb der Prävention müsse es vor allem bei den
Bewegungsgewohnheiten zu verstärkten Anstrengungen kommen, so Schröer
in seinem Referat. „Mitarbeiterbefragungen und Gesundheitszirkel
sowie arbeitsplatzbezogene Programme (Rückenschule)“ seien wichtige
Verfahren der betrieblichen Gesundheitsförderung. Ebenso wie in
Österreich sei die „Prävention zur vierten Säule der gesundheitlichen
Versorgung auszubauen“, so Schröer, der auch für die Formulierung
verbindlicher Präventionsziele auf Bundesebene eintrat.
 
Im Zusammenhang mit Prävention seien vier Thesen von zentraler
Bedeutung: „1) Prävention auf hohem Niveau führt zum Erfolg 2)
Moderner Arbeitsschutz erfordert einen gleichen Stellenwert von
Arbeitssicherheit und Gesundheit 3) Zusammenarbeit stärkt die
Prävention und 4) Kampagnen sind ein wirksames
Präventionsinstrument“, so Fritz Bindzius (Leiter der Abteilung
Gesundheit der Berufsgenossenschaftlichen Zentrale für Sicherheit und
Gesundheit des Hauptverbandes der deutschen Berufsgenossenschaft).
Beim Entwurf eines neuen Präventionsgesetzes für Deutschland müsste
es zu einer „klaren Festlegung von Zielen“ kommen sowie zu einer
„Einbeziehung aller Zweige der Sozialversicherung in die Prävention“,
so Bindzius, der abschließend davor warnte, dass eigene Länderziele
zu einer „Schwächung der Transparenz und Beeinträchtigung der
einheitlichen Stoßrichtung“ führen.  
 

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