Viele Führungskräfte fühlen sich tagtäglich in der Klemme. Der Leistungsdruck von oben ist hoch, das Erreichen der geforderten Ziele und der Umgang mit den Mitarbeitern schwierig. Das Magazin ARBEIT UND GESUNDHEIT sprach mit Dr. Thomas Wessinghage über das Befinden deutscher Manager.   

Wer gestresst ist, dem werden gerne Sport, eine Entspannungstechnik und gesunde Ernährung empfohlen. Ist es für einen Manager – vor allem der mittleren Hierarchieebene – überhaupt realistisch, sich auch noch darum zu kümmern? Oder steht er damit nur vor einer weiteren schwer zu bewältigenden Aufgabe?
Alles ist eine Frage der Prioritäten und der Planung. Wenn ich mein persönliches Wohlbefinden oder gar meine Gesundheit einsetzen möchte, um vermeintlich mehr und besser zu arbeiten, begehe ich einen Fehler. Es liegt auf der Hand, dass die Wertigkeit der Gesundheit sicherlich höher einzustufen ist als die der Arbeitsleistung – zumindest dauerhaft gesehen. Ich muss aber gleichzeitig die Verbindung von Gesundheit, Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit im Auge behalten. Wer Verantwortung und Aufgaben übernimmt, muss auch Verantwortung sich selbst gegenüber übernehmen. Somit beinhaltet die Position eines Topmanagers eine automatische Verpflichtung, sich selbst in den Zustand der bestmöglichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zu versetzen. Insofern sind Bewegung, ausreichende Entspannung und gesunde Ernährung Notwendigkeiten, die untrennbar mit leitenden Funktionen in Unternehmen verbunden sind.

Wann ist denn in der Regel der Punkt erreicht, an dem Führungskräfte ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden so ernst nehmen, dass sie Hilfe suchen und beispielsweise zu Ihnen kommen?
Viele Führungskräfte denken heute voraus – das gehört ja zu ihren Fähigkeiten und zu ihrer Position – und kümmern sich von vornherein darum, eine vernünftige work-lifebalance herzustellen. Manche jedoch kommen erst dann, wenn der Leidensdruck zu stark wird.

Wie äußert sich das?
Sehr unterschiedlich: Beginnend bei körperlichen Beschwerden oder gar Krankheiten wie Bluthochdruck, Übergewicht, Veränderungen der Blutfettwerte und des Cholesterinspiegels, oftmals aber auch durch psychische Probleme wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, starke Müdigkeit. Vielfach – und das ist besonders bedenklich – werden die Einsichten zunächst durch Personen im persönlichen Umfeld ausgelöst wie den Ehepartner.

Können Sie jemandem helfen, dem es an Wertschätzung seiner Leistung, an Aufstiegsmöglichkeiten und Arbeitsplatzsicherheit mangelt? Dies sind die Faktoren, die häufig hinter Frustration und Erschöpfung stehen.
Gerade bei den von Ihnen genannten Faktoren lassen sich durch ein gezieltes Bewegungsprogramm Erfolge erzielen. Die Bewegung dient heute in vielen Bereichen zur Umsetzung einer ressourcenorientierten Therapie beziehungsweise psychosomatischen Behandlung, bei denen der Patient zunächst erfährt, was er noch kann. Es stehen also nicht die Defizite seines Handelns im Zentrum. Diese Erkenntnis der eigenen Fähigkeiten und Leistungen wird dann als Basis verwendet, um eine vernünftige Lebensplanung und -gestaltung aufzubauen und damit Frustration und Erschöpfung zu vermeiden.

Wie halten Sie selbst sich Stress vom Leibe?
Ich persönlich sorge für einen regelmäßigen konsequenten Bewegungsausgleich, der sehr stark vereinfacht fünfmaliges Laufen pro Woche beinhaltet. Dafür nehme ich mir in der Regel eine Stunde in der Mittagspause Zeit, benutze diese Phase, um den Tag in zwei Hälften zu unterteilen, um durch die Bewegung Kraft und Energie zurückzugewinnen und eine aktive, wirksame Stressmodulation zu betreiben. Zusätzlich benötige ich hin und wieder Tage, an denen ich mich innerlich völlig von den dienstlichen Aufgaben abkopple. Das gelingt in der Regel sehr gut, auch dabei spielt die Bewegung eine unverzichtbare Rolle.

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