Am vergangenen Donnerstag hat die OECD ihren neuen „Health at a Glance“-Bericht zur Situation im Gesundheitswesen und in Sachen Gesundheit selbst für die europäischen Länder veröffentlicht. Österreich ist überrepräsentiert bei psychischen Erkrankungen. Die Wiener Ärztekammer hob am Montag die Spitzenposition beim Alkoholmissbrauch, Rauchen und schlechter Ernährung hervor.

„Für Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sind die Studienergebnisse ein besorgniserregendes Indiz dafür, dass die Gesundheitspolitik in Österreich auch weiterhin zu wenige Akzente hinsichtlich gesunder Lebensführung und Prävention setzt und diese zum Teil sogar konterkariert – Stichwort: Rücknahme eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie“, hieß es in einer Aussendung der Wiener Ärztekammer am Montag. Szekeres forderte einen österreichweiten Schulterschluss aller Gesundheitsplayer, um Österreich zumindest an die Durchschnittswerte innerhalb der EU heranzubringen, insbesondere beim Rauchen und Alkoholkonsum.

Bei den Erwachsenen liegt Österreich mit 25 Prozent regelmäßigen Rauchern deutlich über dem EU-Schnitt (20 Prozent). Damit ist Österreich Spitzenreiter unter den west- und mitteleuropäischen Staaten. Die geringste Raucherquote hat Schweden mit elf Prozent, die höchste Bulgarien mit 28 Prozent, gefolgt von Griechenland mit 27 Prozent und Ungarn mit 26 Prozent. Die signifikantesten Rückgänge bei den Rauchern seien in Dänemark, in Irland und in Deutschland zu registrieren.

Frauen rauchen zwar immer noch deutlich weniger als Männer, in Österreich ist jedoch die Lücke zwischen Männern und Frauen eine der geringsten ? 26 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen greifen zur Zigarette. In Rumänien rauchen 33 Prozent der Männer, aber nur acht Prozent der Frauen, in Portugal gibt 24 Prozent männliche Raucher, aber nur zehn Prozent Raucherinnen. 28 Prozent der 15- bis 16-jährigen Österreicher rauchen. Hier sei Österreich von Italien, Bulgarien, Kroatien und der Slowakei überholt worden. Die vergleichsweise größte Raucherabstinenz bei Jugendlichen herrscht in Schweden und Irland mit jeweils 13 Prozent und Belgien mit 15 Prozent. Belgien und Irland waren aber auch eine der ersten EU-Länder, die Rauchverbote durchsetzten.

Für Szekeres ist es daher unverständlich, dass ungeachtet der dramatischen Zahlen die österreichische Regierung weiterhin daran festhält, das Rauchen in Österreichs Lokalen zu gestatten. Hier werde wissentlich die Gesundheit der Österreicher gefährdet, und insbesondere der in der Gastronomie Tätigen. Szekeres: „Unsere Position als Schlusslicht und Aschenbecher Europas wird damit für die nächsten Jahre einzementiert.“

Auch in Sachen Alkoholkonsum ist Österreich nach wie vor eines der Spitzenländer europaweit, 11,4 Liter Alkohol konsumieren die Österreicher im Durchschnitt pro Jahr. Im „Weinland“ Frankreich sind es zum Vergleich 11,7 Liter. Die geringste Alkoholmenge konsumiert man – entgegen aller Klischees ? in Griechenland mit sieben sowie in Italien mit 7,1 Liter.

Wenigstens beim Drogenkonsum liege Österreich, was die Jugendlichen betrifft, im positiven oberen Drittel, hieß es in der Aussendung der Wiener Ärztekammer: Sechs Prozent der EU-Jugendlichen zwischen 15 und 16 Jahren haben illegale Drogen – Cannabis wurde nicht dazu gezählt ? konsumiert, in Österreich sind es „nur“ fünf Prozent, in Bulgarien elf Prozent, in Frankreich und Italien sieben Prozent.

Im EU-Schnitt sind zwölf Prozent der Sieben- bis Achtjährigen übergewichtig (EU-23, fünf Staaten ohne Angabe). Österreich liegt mit neun Prozent gerade noch unter dem EU-Schnitt. Die Fettleibigkeit ist bei den Buben stärker ausgeprägt als bei den Mädchen. In Österreich sind 13 Prozent der Buben fettsüchtig, aber nur 6,2 Prozent der Mädchen.

Bei den Erwachsenen ist die Situation dramatischer. Im EU-Schnitt fühlen sich 16 Prozent der Bevölkerung als zu dick beziehungsweise fettsuchtgefährdet, in Österreich sind es 14 Prozent. Die gesündesten und am wenigsten übergewichtigen Menschen sind in Rumänien mit neun Prozent sowie in Italien mit zehn Prozent zu finden. Generell lässt sich sagen, dass, je ärmer und ungebildeter die Menschen sind, desto übergewichtiger sind sie auch. Menschen mit niedrigem Bildungshorizont fühlen sich demnach zu 20 Prozent europaweit als übergewichtig (Österreich: 21 Prozent, Deutschland 22 Prozent).

Besorgt reagierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker auf die in dem Bericht veröffentlichten Gesundheitskennzahlen Österreichs: „Egal ob ungesunde Ernährung, Alkoholmissbrauch oder die Anzahl an Raucherinnen und Rauchern: Österreich ist in all diesen Bereichen im traurigen Spitzenfeld. Die gesundheitspolitische Untätigkeit der Bundesregierung ist in Anbetracht dieser Zahlen zynisch, ja sie gefährdet Menschenleben.“

Loacker kritisierte scharf die Rücknahme des ehemals geplanten und von der ÖVP mitbeschlossenen generellen Rauchverbots in der Gastronomie: „Österreich hat im EU-Vergleich eine überdurchschnittliche Raucherquote, sowohl was die gesamte Bevölkerung angeht, als auch bei den Jugendlichen im Speziellen. Und trotzdem hat man eine der nachweislich wirksamsten Maßnahmen, das generelle Rauchverbot in der Gastronomie, abgeblasen. Tschick-Politik hat für die Regierung Vorrang vor faktenbasierter Gesundheitspolitik.“