Psychische Erkrankungen verursachen europaweit   hohe Kosten. Auch in Österreich.  Ärzte  fordern die bessere Betreuung Betroffener.

 wien(SN, APA). Fast ein Viertel aller Österreicher leidet im Laufe eines Jahres unter einer psychischen Erkrankung. Zu dieser Schlussfolgerung ist nun eine erstmals in Europa durchgeführte, gesundheitsökonomische Studie gekommen. Daraus ergeben sich jährliche Kosten von 7,16 Milliarden Euro, was drei Prozent des Bruttonationalprodukts entspricht. Experten rechnen in den kommenden Jahrzehnten mit einem deutlichen Anstieg der Kosten.
 


Cost of Disorders of the Brain in Europe ist der Titel der Studie, in der Daten aus 28 Ländern zusammengefasst wurden. Die Untersuchung wurde Montag   in Wien präsentiert.

Das Resultat für Österreich: Nur fünf psychiatrische Erkrankungen verursachen Kosten in der Höhe von 7,16 Milliarden Euro. Dabei ist der Anteil von Depressionen und bipolaren Störungen (z.B. manisch-depressive Störung) mit 2,46 Milliarden Euro am höchsten, gefolgt von Suchterkrankungen mit 1,44 Milliarden Euro. Auf jeden Österreicher entfallen somit pro Jahr 888 Euro. Interessantes Detail: 31 Prozent der Gesamtkosten entstehen durch Arbeitsausfall in Folge von Krankenständen, 21 Prozent durch Krankenhausbehandlung, nur drei Prozent verursachen medikamentöse Behandlungen. Von den 2005 erfassten drei Millionen Krankenstandsfällen entfielen 51.101 auf psychische Erkrankungen, was mehr als 1,5 Millionen Krankenstandstage bedeutet. Die volkswirtschaftlichen Kosten betragen nach Berechnungen des Instituts für Pharmaökonomische Forschung (IPF) 134,15 Millionen Euro pro Jahr.

Etwa 848.000 Österreicher leiden an einer Angsterkrankung, also zum Beispiel einer Panikstörung, 479.000 an Depressionen. Die höchsten jährlichen Kosten pro Krankheitsfall entstehen allerdings durch Demenzerkrankungen, nämlich 13.635 Euro.

Wenn man berücksichtigt, dass die Krankenstände auf Grund psychischer Erkrankungen in den vergangenen 15 Jahren deutlich gestiegen sind und ein knappes Drittel der Gesamtkosten durch Krankenstände verursacht werden, dann scheint es sinnvoll, nach Lösungsansätzen zu suchen?, sagt Johannes Wancata von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien. Ein Ausbau rehabilitativer Maßnahmen für psychische Erkrankungen könnte  zu einer Kostenersparnis führen.

Obwohl sich die Versorgungslage in Österreich im Aufbruch befinde, gebe es  Nachholbedarf, sagt Werner Schöny von der Linzer Wagner-Jauregg-Nervenklinik. Vor allem in ländlichen Regionen sei der Ausbau der psychosozialen Versorgung (Beratung, Behandlungsangebote in Gemeindenähe) unzureichend. Außerdem gebe es zu wenig  Fachärzte.
 Ebenso erfolge nach wie vor eine Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, die zu verspäteter Behandlung führe. 

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