Arbeitspsychologen der Universität Heidelberg untersuchen die Wirksamkeit von Gesundheitsmanagement – „Weiche“ Faktoren in „harte“ Zahlen verwandeln

Wer auf einer Baustelle schafft, muss einen Helm tragen, und wer in einem Labor arbeitet, Handschuhe. Das schreibt der Arbeitsschutz so vor, und niemand wird bezweifeln, dass solche Vorsichtsmaßnahmen der Gesunderhaltung der Mitarbeiter dienen. Fortschrittliche Unternehmen haben schon länger erkannt, dass Gesundheitsförderung Teil der unternehmerischen Gesamtverantwortung ist.Doch was macht eine Organisation zu einem „gesunden“, produktiven und innovativen Unternehmen? Ein Team der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg startet jetzt das Projekt „Benchmarking in einem Gesundheitsnetzwerk“, kurz: „BiG“.

 
Ob eine Firma ihre Mitarbeiter auf Händen trägt und so ein gesundes Betriebsklima hat, hängt von vielen Faktoren ab. Dass man die nicht nur fühlen, sondern wie mit einem Fieberthermometer auch messen kann, untersuchen Arbeitspsychologen der Uni Heidelberg in einer Studie.

„Uns interessiert die Frage, was Unternehmen die Gesundheit ihrer Mitarbeiter wirklich wert ist“, erläuterte Professor Karlheinz Sonntag. Seine Abteilung hat im Rahmen des Förderprogramms „Innovationsfähigkeit in der modernen Arbeitswelt“ 650 000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für „BiG“ erhalten. Mit im Boot sind neben dem Daimler Chrysler-Konzern sieben weitere weltweit tätige Unternehmen; die meisten sind im DAX gelistet.

„So können wir das Gesundheitsmanagement verschiedener Firmen vergleichen, und die Firmen im Netzwerk können von den Stärken und Schwächen anderer Unternehmen lernen“, so Dr. Ralf Stegmaier, der gemeinsam mit Professor Sonntag das dreiköpfige Projektteam leitet. Dass sich Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter auf die Produktivität des Unternehmens auswirken, habe sich zwar inzwischen herumgesprochen, „aber wir wollen das auch in Zahlen messbar machen“, so Stegmaier.

Doch wie lassen sich gesundheitsförderliches Arbeitsklima, Führungskompetenz und „work-life balance“ – so der Fachausdruck – in Zahlen ausdrücken? Die Forscher werden in den geplanten Studien über 1000 Mitarbeiter vom Arbeiter bis zum Vorstand über zwei Jahre hinwegmehrfach in Interviews und Fragebögen befragen. „Ist ihre Führungskraft ein Vorbild im Bereich gesunder Arbeits- und Lebensstil? Werden in Mitarbeitergesprächen auch Gesundheitsziele thematisiert? Bemühen Sie sich, Privatleben und Arbeit in Einklang zu bringen?“ sind nur drei der zahlreichen Fragen im Gesundheitsindex.

Forschungsprojekte über „gesunde“ Unternehmen gibt es bisher kaum, besonders der Verbindung von „weichen“ Gesundheitsfaktoren und „harten“ Managementzahlen wurde wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nun halten die Heidelberger Arbeitspsychologen mit dem Gesundheitsindex quasi ein Fieberthermometer in das Unternehmen und messen, wie leistungsfähig es in Sachen Gesundheit ist.

Die Ergebnisse werden den Unternehmen zur Verfügung gestellt, die auf diese Weise Schwachstellen erkennen und verbessern können. „So können sie auch ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden“, unterstreicht Stegmaier. Die Studie weist weit in die Zukunft, denn Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Gesundheit ihrer Beschäftigten sind eng miteinander verbunden.

Da immer mehr Arbeitnehmer immer älter werden, die Betriebe aber gleichzeitig immer rationeller arbeiten müssen, wird vom Einzelnen eine hohe Anpassungs- und Innovationsfähigkeit gefordert. „Der Faktor Gesundheit wird bei älteren Beschäftigten in Zukunft noch stärker deren Leistungsfähigkeit bestimmen“, so Sonntag.

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